Teil 6 : Die "Friendzone" und das "Nice Guy-Syndrom"

Posted on 27.08.2015

Was bisher geschah: Die vorherigen Teile dieser Serie lassen sich im htu_info-Archiv und auf der Webseite der fsinf nachlesen. Im letzten Teil ging es um Frauen in der Politik und die Machtstrukturen, die bei diesem Thema eine Rolle spielen. Dieses Mal widmen wir uns den Begriffen “Friendzone” und “Nice Guy”.

Viele Beziehungen, egal ob platonische oder romantische, fangen an der Universität an. Um eine Lerngruppe zu bilden, aus der irgendwann eine lebenslange Freundschaft wird, reicht oft ein “Hallo” bei der ersten Vorlesung des Semesters. Oft wird aber nicht nur Freundschaft gesucht, sondern die Grundlage einer romantischen Beziehung. Dazu verfolgen viele die Strategie, sich zuerst freundschaftlich der anderen Person anzunähern.

Während es im Allgemeinen eine gute Idee ist, romantische Beziehungen auf bestehenden Freundschaften aufzubauen, gibt es aber auch den Typ “Nice Guy” (meistens Männer). Dem “Objekt der Begierde” (meistens Frauen, tatsächlich objektifiziert, nicht als Subjekt wahrgenommen) wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der “Nice Guy” ist der perfekte, aufmerksame, enge Freund. Dabei ist aber nie die Freundschaft das Ziel, sondern eine romantische Beziehung oder einfach nur Sex. Wird eine Beziehung/Sex abgelehnt, endet damit auch oft die Freundschaft selbst, da der “Nice Guy” aufhört, Energie zu investieren.

Der Unterschied zwischen “Nice Guys” und wirklich netten Personen zeigt sich also vor allem direkt nach einer Zurückweisung. Oft wird dem begehrten Menschen dann nachgesagt, sie/er hätte den/die Verehrer/in nur ausgenützt oder manipuliert. Statt für seine “Arbeit” belohnt zu werden, wurde der “Nice Guy” in die “Friendzone” geschoben. Implizit sagt der/die Verehrer/in damit, er/sie hätte für ihr nettes Verhalten doch “mehr verdient”. Der anderen Person wird damit unterstellt, sich gegenüber dem “Nice Guy” falsch zu verhalten, was oft von der Gesellschaft unterstützt wird (dazu unten mehr).

But I’m such a nice guy!

Die „Friendzone“ ist das mystische Land in dem Jene behaupten zu sein, deren romantische Avancen nicht von dem begehrten Menschen erwidert werden. Gerade von Männern, die sich in der “Friendzone” wähnen, werden oft interessante Theorien und Behauptungen über Frauen im Allgemeinen aufgestellt.

Erstens sind abgewiesene Männer Opfer von Manipulation und Irrationalität von Frauen, die lieber mit „Arschlöchern“ zusammen sind. “Nice Guys” müssen selbst zu „Alphamännern“ werden um erneute Abweisung zu vermeiden. In der “Friendzone” landen nämlich genau die Männer, die als „nicht Manns genug“ angesehen werden, um als Partner in Frage zu kommen. (https://sanczny.blogsport.eu/2014/06/02/nice-guy-syndrom/)

Der Eindruck, Frauen würden Männern etwas schulden, ist oft darin begründet, dass Frauen bis heute von der Gesellschaft und verschiedenen Medien als keusche Wesen dargestellt werden, die selbst keinen Sex haben wollen und diesen Männern nur sehr widerwillig “geben”. Männer werden als aktiv wahrgenommen, Frauen nur als passiv (mehr dazu findet ihr auch in Teil 3 dieser Serie). Dass Frauen das Recht haben, über ihren Körper selbst zu entscheiden und ihrem eigenen Sexualtrieb und nicht dem eines Verehrers folgen müssen, wird bis heute von Vielen nicht verstanden.

Das Nice Guy-Syndrom ist so stark in unserer Gesellschaft verankert, dass nicht nur die Männer, die versuchen sich über nettes Verhalten Gegenleistungen zu “erkaufen” erwarten, dass diese auch erbracht werden, sondern auch Außenstehende. In Sit-Coms wird die “Friendzone” zur Punchline. Die Sendungen sind üblicherweise so gemacht, dass das Publikum den armen, zurückgewiesenen Mann bemitleidet. Die zurückweisende Frau wird oft als “die Böse” dargestellt, weil sie den Wunsch des “netten” Hauptcharakters nicht erfüllt hat.

Die Auswirkungen des Nice Guy-Syndroms werden häufig hinuntergespielt und nicht ernst genommen. Dabei können die Folgen der Anspruchshaltung, die sich in diesem Verhalten äußert, fatal sein: Vergewaltigung und sexuelle Belästigung, in Extremfällen sogar Amokläufe wie der von Elliot Rodger werden damit gerechtfertigt, dass Frauen Männern Sex schuldig wären.

Eine Hauptursache für das Nice-Guy-Syndrom (und viele andere Dinge) ist ein Mangel an Respekt für Frauen als Menschen. Auch wenn viele “Nice Guys” Frauen förmlich auf ein Podest heben, werden sie nicht als menschliche Wesen mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen wahrgenommen. Wer von der “Friendzone” spricht, realisiert nicht, dass Frauen sich nicht wie Automaten verhalten, die auf ausreichende Eingabe von “nett sein” mit der Ausgabe von “Sex” reagieren. (https://fozmeadows.tumblr.com/post/20834902215/lamenting-the-friend-zone-or-the-nice-guy)