Das leidige Thema Fachschaftsliste

Posted on 21.05.2007

Wie vielen von Euch sicherlich bereits aufgefallen ist, gibt die Fachschaft Informatik (erneut) keine Wahlempfehlung oder Unterstützungserklärung für die Fachschaftsliste (“FLÖ”) ab. Der folgende Text ist ein Versuch, unsere Ansichten und Erfahrungen zur Fachschaftsliste offen zu legen und zu erklären, warum wir nicht nur nicht zur Wahl der FLÖ aufrufen sondern auch explizit davon abraten, sie zu wählen.

Es sei an dieser Stelle explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Text um “Meinung” und vor allem unsere Erfahrung handelt, die Fachschaft Informatik schreibt niemanden vor, “was zu wählen ist”.

Seit gut 20 Jahren ist die Fachschaftsliste an der TU die dominierende Kraft in der Universitätsvertretung der TU Wien. Die Fachschafsliste zeichnet, im Gegensatz zu den meisten anderen Fraktionen der ÖH eine Unabhängigkeit von allen politischen Parteien aus. Die Fachschaftsliste erlaubt es damit (theoretisch) allen Studierenden sich auf Universitätsvertretungsebene zu engagieren, ohne sich gleich zu einer politischen Fraktion deklarieren zu müssen. Klingt doch eigentlich nach einer tollen Sache, oder?

Grundsätze?

Diese politische Unabhängigkeit machte die FLÖ ursprünglich aber noch lange nicht unpolitisch. Wer auf der Homepage der FLÖ nachsieht, findet etwa eine Liste von sehr schönen Grundsätzen, die durchaus eine politische Grundhaltung vermuten lassen. So behauptet die FLÖ etwa von sich selbst gegen Sexismus, gegen Rassismus und gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung zu sein. Es hat sich in der Fachschaft Informatik in den letzten Jahren der Grundkonsens herauskristallisiert, dass die FLÖ im Widerspruch zu einigen dieser Grundsätze steht. So wird bei Meinungsverschiedenheiten (sei es mit uns oder anderen) schnell in die sexistische und/oder homophobe Schublade gegriffen. Auf Flyern werden Frauen zu einem Sex-Objekt reduziert. Von Aktionen des eigenen LesBiSchwul- und Transgenderreferates der HTU distanziert sie sich. Hinzu kommt noch eine mangelnde Bereitschaft sich mit den eigenen Grundsätzen auseinander zu setzen, vielfach ist nichteinmal bekannt, dass die FLÖ tatsächlich Grundsätze hat. Wir haben, auch nachdem wir die FLÖ nicht mehr unterstützt haben, wiederholt eine Ausseinandersetzung mit diesen Grundsätzen gefordert, haben aber immer wieder auf Granit gebissen.

Faire Wahlen?

Die FLÖ hat für uns bewiesen, dass mit ihr in der Exekutive keine fairen Wahlen möglich sind. Bei vergangenen Wahlen wurde systematisch Wahlbetrug betrieben. Die Liste der Verfehlungen ist lang wie ungeheuerlich:

  • Bei Wahlen verschwanden Stimmen, kamen neue hinzu und auf den Festen FLÖ-naher Fachschaften wurde von StimmenauszählerInnen der FLÖ um die Wette geprahlt, wer wie viele Stimmen gefälscht hat. Aus diesem Grund wurde auch vor zwei Jahren die “Liste der WahlbeobachterInnen” von u.a. MitarbeiterInnen der FSINF gegründet, um einen fairen Wahlkampf zu ermöglichen. Ein nächtlicher Einbruch in ein Wahllokal bleibt allerdings ungeklärt.
  • Plakatständer wurden immer wieder systematisch in Nacht- und Nebelaktionen entfernt. Diese Plakatständer stellen im übrigen in Anbetracht der knappen finanziellen Situation der wahlwerbenden Gruppen einen nicht unerheblichen Wert dar. Schon bei diesem Wahlkampf verschwanden bereits mehr als 20 Plakatständer. Bei den Aktionen wurden führende MitarbeiterInnen der FLÖ (z.B. Gabor Sas, für die FLÖ in der BundesVertretung) von uns beobachtet.
  • “Legendär” ist der Vorfall, dass vor 4 Jahren ein Mitarbeiter des KSV beim Flyerverteilen von FLÖ-Mitarbeitern zusammengeschlagen wurde. Eine Distanzierung von dieser Aktion war übrigens von der damaligen offiziellen FLÖ-Führung nie zu bekommen.
  • Bei den letzten Wahlen etwa konnte nur knapp verhindert werden, dass GRAS und VSStÖ (die beiden grössten Fraktionen an der TU abgesehen von der FLÖ) nicht antreten konnten. Nachdem der damals aktuelle HTU-Vorsitz (aus der FLÖ) für einige Zeit mit den Unterstützungserklärungen von GRAS und VSStÖ verschwunden war, tauchten plötzlich zusätzliche Unterstützungserklärungen auf, derren Ursprung bis heute ungeklärt ist. In der Abstimmung der Wahlkommission stimmte lediglich die FLÖ und der der FLÖ nahe Wahlkommissionsvorsitz gegen die Zulassung (vgl. Artikel im Fridolin 109).

Basisorientiert?

Die FLÖ bezeichnet sich selbst (u.a. in den vorher erwähnten Grundsätzen) als “basisorientiert”. Dass soll bedeuten, dass es keine fixen Machtstrukturen gibt und jede Person ein (gleiches) Mitspracherecht hat. Leider wird in der FLÖ offensichtlich etwas ganz was anderes darunter verstanden. In der FLÖ auf der TU gibt es einige wenige meinungsbildende Fachschaften, für die wiederum die Meinung von wenigen Einzelpersonen gemacht wird. In der FLÖ werden Positionen nicht durch einen Diskussionsprozess, an dem alle teilnehmen können, geschaffen. Es gibt in der FLÖ vielmehr einige wenige, die die Meinung machen und einige viele, die folgen. Das äußert sich etwa in ihrere Meinungsbildung als auch durch veraltete und verkorkste Strukturen, in denen noch immer die selben Menschen wie zur Blütezeit der FLÖ (mitte der 90er) sitzen - und aus dem Hintergrund die Entscheidungen treffen.

Querschüsse?

Auf Studienvertretungsebene werden bekanntlich fünf StudienvertreterInnen gewählt. Die Fachschaft Informatik stellt daher zu jeder ÖH-Wahlen fünf KandidatInnen auf. Prinzipiell ist natürlich gegen weitere KandidatInnen die von außerhalb der Fachschaft kommen natürlich nichts einzuwenden. Wir begrüssen jedes Engagement für eine Studienvertretung, auch wenn die betreffenden Personen der Meinung sind, mit der in der Fachschaft derzeit aktiven Gruppe nicht zusammenarbeiten zu können.
Aus den Reihen der FLÖ wurden immer wieder Gegenkandidaten aufgestellt, jedoch ließ nie auch nur ein einziger dieser auch nur das geringste Engagement erkennen. Nicht einmal einen nennenswerten Wahlkampf der “Gegenkandidaten” gab es. Wir haben GegenkandidatInnen immer in die Fachschaftssitzung eingeladen (bis jetzt gab es unseres Wissens keine, die schon einmal daran teilgenommen haben), um mögliche Zusammenarbeiten zu diskutieren und überhaupt einmal die Menschen kennen zu lernen. Diesen Einladungen ist nie jemand gefolgt. Der Verdacht liegt also nahe, dass diese Gegenkandidaturen nicht aus Unzufriedenheit mit der Arbeit der FSINF, sondern rein aus machtpolitischen Überlegungen eingereicht wurden.

(Erstsemestrigen-)Tutorien?

Die Erstsemestrigen-Tutorien werden vom sogenannten Tutoriumsprojekt veranstaltet. Das Tutoriumsprojekt ist ebenfalls basisdemokratisch organisiert, es gibt jedoch zwei “ZentralkoordinatorInnen” (“ZK”) (die unfraktioniert sein müssen) die jedes Jahr neu bestimmt werden und das Projektjahr finanziell abwickeln. Jahr für Jahr wird dieses uns sehr wichtige Projekt von der FLÖ sabotiert. So behaubtete der Bundessprecher der FLÖ (Gabor Sas) er wäre “unfraktioniert” und wäre deshalb als ZK geeignet, Protokolle wurden gefälscht und die basisdemokratische Organisation bewusst ausgenutzt um die Arbeit des Projektes zu verunmöglichen. Im Hintergrund standen wohl wieder machtpolitische Interessen.

Und das heißt jetzt?

Aus diesen Gründen lehnen wir eine Unterstützung der FLÖ auch weiterhin ab. In unseren Augen muss die absolute Mehrheit der FLÖ gebrochen werden, um eine stärkere (demokratische) Kontrolle des demokratischen Prozesses zu ermöglichen. Es gibt eine Reihe von weiteren Fraktionen, die an der TU für die Universitätsvertretung kandidieren und für die eine Stimme weit sinnvoller verwendet werden kann. Die Fachschaft Informatik empfiehlt aufgrund ideologischer Nähe und der Einschätzung, dass diese beiden Gruppen in der Universitätsvertretung am meisten bewegen können, der TU*Basis oder der GRAS eure Stimme zu geben. Eine vollständige Auflistung der wahlwerbenden Gruppen findet sich auf der Homepage der Universitätsvertretung.