CCC Wien Aufklärungsaktion "CAMDOME" zu Überwachungskameras in Wiener U-Bahn Zügen

Posted on 12.04.2005

Der CCC Wien thematisiert Überwachungskameras in Wiener U-Bahn Zügen in der Aufklärungsaktion “Camdome”. Heute Morgen haben Aktivisten des CCC Wien Informationsblätter zu dem Thema in U-Bahn Waggons aufgelegt und an die Decke der Waggons so genannte “Camdomes” geklebt, um die Fährgäste für
die Pläne der Wiener Linien und des Innenministeriums zu sensibilisieren.

Die Wiener Linen planen in Kooperation mit dem Innenministerium die Installation von Überwachungskameras in den Wiener U-Bahn-Zügen. Im Gegensatz zu den Kameras in den Stationen dienen die neuen Kameras jedoch nicht der Überwachung in Echtzeit, um in einem Notfall sofort
eingreifen zu können, sondern die Videos werden aufgezeichnet. Das soll vor allem Vandalen abschrecken, so die Wiener Linien.

Dazu Clifford Wolf, Pressesprecher des CCC Wien:

Der Nutzen von Videoüberwachung als Schutz vor Übergriffen und Vandalismus ist quasi nicht vorhanden. Kameras schützen niemanden: Sie sind nicht in der Lage, ins Geschehen einzugreifen und Straftaten zu verhindern. Gleichzeitig stellen die Kameras aber einen empfindlichen Eingriff in die Bürgerrechte aller Fahrgäste dar. Hier geht es nicht um mehr Sicherheit, sondern um den vielzitierten “gläsernen Bürger”.

Darüber hinaus sind die Kameramodelle, die für die Überwachung der U-Bahn-Züge vorgesehen sind, nicht offensichtlich als Kameras zu erkennen. Von vielen Fahrgästen werden die schwarzen Halbkugel an der Decke der Wagons zum Beispiel für Notfallbeläuchtungen gehalten. Das führt das Argument der Abschreckung ad absurdum.

Die unscheinbahre Form der Kameras sei gewählt worden, um die Aktzeptanz bei den Fahrgästen zu steigern, argumentieren die Wiener Linien.
Gleichzeitig wird aber seitens der Wiener Linien argumentiert, dass die Kameras das Sicherheitsempfinden der Fahrgäste steigern, als auch Kriminelle abschrecken würde. Eine paradoxe Argumentation, meint dazu Clifford Wolf, und weiter:

Wenn Kameras notwendig sind - wie Beispielsweise auf Bahnsteigen - dann müssen sie auch als solche erkennbar sein. Wenn die Wiener Linien offenbar das Gefühl haben, die Kameras verstecken zu müssen, dann liegt das wahrscheinlich daran, dass selbst die Betreiber des Wiener U-Bahn-Netzes bereits erkannt haben, dass die die Installation der Kameras nicht richtig ist.

Desshalb startet der CCC Wien nun eine Aufklärungsaktion, um die Fahrgäste der Wiener Linien auf die Kameras aufmerksam zu machen.

In einer Blitzaktion haben Aktivisten des CCC Wien heute morgen Informationsbrochüren in Wiener U-Bahn-Zügen aufgelegt. Die Brochüren enthalten Hintergrundinformationen über die Überwachungspläne der Wiener Linien. Das Herzstück der Aktion sind aber sogenannte “Camdomes”. Mit Aufdrucken wie “Gilt hier die Unschuldsvermutung?” und “Überwachen wir
Sie?” zieren die kleinen Kartonschachteln nun die Decken vieler Wiener U-Bahn-Züge. In den wenigen Zügen, in denen bereits Kameras installiert wurden, wurden die “Kameraverhüterlis” über die Kameras gestülpt. Mehr
informationen zu der Aktion gibt es auf der eigens für die Aktion eingerichteten Homepage http://www.camdome.org

Clifford Wolf weiter über die Aktion:

Wir haben bei der Planung und Durchführung der Aktion penibelst darauf geachtet das nichts beschädigt und der Betrieb der U-Bahn-Linien in keinster Weise beeinträchtigt wird. So war es uns zum Beispiel wichtig, dass die verwendeten Klebesteifen garantiert schnell und rückstandsfrei wieder abzuziehen sind. Darüber hinaus werden die “Camdomes” auch nicht etwa auf die Kameras direkt geklebt, sondern über die Kamera gestülpt und an der Wagendecke befestigt.

Die Aktion hat zum Ziel, die Leute auf die Kameras und ihre Auswirkungen aufmerksam zu machen, und nicht etwa die Kameras zu beschädigen. Des weiteren handelt es sich hier um eine einmalige und kurzfristige Aktion. Soweit die betroffenen Waggons dann noch auf den entsprechenden Linien unterwegs sind, werden wir die Camdomes und die Infoblätter in den Abendstunden wieder entfernen.

Der CCC Wien ist nicht die erste österreichische Organisation die sich gegen breitgefächerte Kameraüberwachung von öffentlichen Plätzen ausspricht. Unter anderem gab es schon kritische Wortmeldungen von Hans Zeger von der ARGE Daten.

Besonders bedenklich sieht der CCC Wien die geplante Kameraüberwachung in Zusammenhang mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetzes, das seit 1.1.2005 in Kraft ist. Dieses erlaubt der Polizei Zugriff auf die Aufzeichnungen der Wiener Linien - im Ermessen der Beamten auch ohne
Gerichtsbeschluss.

Der CCC Wien Pressesprecher abschliessend:

Dieser Überwachungswahnsinn wird von den Steuer- und Fahrscheinzahlern finanziert. Man möchte Sie glauben lassen, dass Kameraüberwachung und Ähnliches notwendig wären, um mit neuartigen Gefahren fertig zu werden. In Wahrheit jedoch leben wir in einem sehr sicheren Umfeld. Neu ist nicht die angebliche Bedrohung, sondern die künstliche Panikmache um diese. Lassen Sie sich nicht in die Irre führen und lassen Sie sich nicht Ihrer Grundrechte berauben. In der U-Bahn nicht ausspioniert zu werden ist so ein Grundrecht.

Es gibt unzählige Studien die die Fragwürdigkeit von breitgefächerten Kameraüberwachungen sowie die Sinnlosigkeit ihres Einsatzes thematisieren. Dennoch schaffen es jene Gruppierungen, die Vorteile aus derartigen Kamerainstallationen ziehen, immer wieder, einer breiten Öffentlichkeit genug Angst vor angeblichen neuartigen Bedrohungen, derer man nur durch flächendeckende Kameraüberwachung Herr werden könne, einzureden, damit diese dann zugunsten der Kamereaüberwachung ihre Bürgerrechte aufgeben.

Damit stellt sich nur noch die Frage: Funktioniert ein wirkungsloser, aber dafür teuerer und bürgerrechtlich arg bedenklicher Schutz vor eigebildeten Gefahren? Wohl kaum; Denn hängen erst einmal die Kameras, so erinnern sie ständig an die angebliche Gefahr und ebnen so den Weg für weitere Überwachungsmassnahmen. Am Ende dieses Prozesses steht ein
totalitärer Überwachungsstaat in dem jeder Angst vor den realen Gefahren hat, die von den Überwachern selbst ausgehen.

Mehr Informationen über die Aktion finden Sie auf unserer Homepage, http://www.camdome.org

Gute Fahrt! Ihr CCC Wien